Christina Jarmolinski, Modern Art.

Paintings Collages and Prints

Christliche Kunst als Zeitzeichen

In: 
Augsburger Allgemeine 29.1.1988
location: 
Augsburg, Germany
On: 
Friday, January 29, 1988

Ausstellung mit Werken zum Alten und Neuen Testament

GÖGGINGEN. Rund 150 Besucher drängten sich bereits bei der Eröffnung einer Ausstellung christlicher Kunst im Gemeindesaal der Dreifaltigkeitskirche. Das in Göggingen ansässige ökumenische Künstlerehepaar Chris Jarmolinski-Schmidt und Erich Schmidt-Unterseher zeigt hier noch bis zum Sonntag, 7. Februar, ausgewählte Bilder und Plastiken. Während bei den Bronzefiguren des Erich Schmidt-Unterseher das Thema „Kreuzigung" im Mittelpunkt steht, hat sich seine aus den USA stammende Ehefrau auf Wunsch des Gögginger Ökumenischen Gesprächskreises mit dem Buch Jesaja auseinandergesetzt. Auf diese Weise umrahmt die kleine, aber sehenswerte Ausstellung die laufende ökumenische Bibelwoche, die sich derzeit mit diesen Schrifttexten beschäftigt.

“Stets aktuelles Thema”

Die Malerei ist meine Sprache", hatte Chris Jarmolinski-Schmidt bei der Ausstellungseröffnung betont. Sie habe versucht, die Texte des Jesajabuches mit Kopf und Herz zu erfassen, um ihre Schriftdeutung in Farbe und Form umzusetzen. Und was die Gögginger Künstlerin in Kreide, Acryl und interessanten Mischtechniken gestaltet hat, regt den Ausstellungsbesucher zu intensiver Interpretation an. .Ich möchte dem Betrachter möglichst viel Freiraum für eigene Gedanken überlassen, damit er selber Überlegungen zu den biblischen Texten entfalten kann", beschreibt Chris Jarmolinski-Schmidt ihr künstlerisches Anliegen.

Kandinsky mußte Federn lassen

Ein Beispiel: Unter dem Titel .Weinberg" sticht dem Ausstellungsbesucher das wohl auffälligste Bild der Künstlerin ins Auge. .Die Verse Jesaja 5,1,7 das Lied vom unfruchtbaren Weinberg sind mir besonders nahe gegangen", bekennt die gebürtige Amerikanerin. Das Versagen des Menschen in der Schöpfung und die darauf reagierende Allmacht Gottes, das sei schließlich ein stets aktuelles Thema auch unserer Zeit. Um den Kontrast zwischen all den guten Verheißungen für das Gedeihen im Weinberg und der späteren Verwahrlosung der Pflanzung darzustellen, habe sie mit Kontrasten in Farbe und Struktur gearbeitet. Neben warme Blautöne, die Trauben und Himmel andeuten sollen, setzt Chris Jarmolinski-Schmidt sämtliche Schattierungen von Rostrot (Liebe, Erde, Sonne), die in düsteren Tönen verschwimmen Eine kleine Anekdote am Rande: Für dieses Bild mußte sogar „Kandinsky'', der Wellensittich der Familie, einige Federn lassen. Diese prangen jetzt unter der Acrylfarbe, neben Zeitungsschnippeln, Rupfenfasern, Leinentüchern und einer Kreideschachtel, die kollagenartig zu einem plastischen Gemälde zusammengefügt wurden.

Reisen in die Bretagne

Mit so genannten Calvaires (Kalvarien-berge) ergänzt der „katholische Teil der ökumenischen Künstlerehe" — wie Erich Schmidt-Unterseher sich selbst bezeichnet diese Ausstellung. Nach einer Studienreise in die Bretagne und der Begegnung mit den dort in der Volkskunst typischen .Calvaires"  als  summarische  Darstellung  der Kreuzwegstationen in nur einer Plastik hatte der geborene Gögginger diese Calvaire Variationen in Bronze gegossen.

Auf dem Gipfel: Golgatha

An einer rund 80 Zentimeter hohen „Calvaire auf Felsen und Meer" entdeckt der aufmerksame Betrachter auf verschiedenen Ebenen stufenartig übereinander Abendmahl, Geißelung und Grablegung Christi, wobei dieser Turm in einem stilisierten Golgatha gipfelt — als christlicher Höhepunkt der Erlösung. Ähnlich eindrucksvoll erscheinen bronzene Reliefplatten mit Titeln wie „Menschengeschlechter", „Adam und Eva" oder „Klage unter dem Kreuz". Auch hier bestechen die symbolisierenden Details: Ein römischer Soldat wird als Sinnbild brutaler Macht zu Boden geworfen. Die Engel als Botschafter Gottes scheinen alles Materielle und Statische zu durchbrechen ...

Viel Muße zum gedanklichen Spazierengehen durch die biblischen Texte und deren künstlerische Auslegung sollte der Ausstellungsbesucher mitbringen. Ab 19.30 Uhr ist Chris Jarmolinski-Schmidt allabendlich Im Gemeindesaal präsent und beantwortet Fragen der Ausstellungsbesucher. 

Jutta Fiege

 

 

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